21.04.2020

Übersicht: Praxistipps zur Sicherung der Liquidität im Küchenhandel

Im zweiten Teil seiner Praxistipps zur Liquiditäts-Sicherung in Zeiten der Corona-Pandemie gibt Volker Schmidt von der SEB Steuerberatung einen Überblick über staatliche Hilfsangebote – und was jetzt konkret getan werden kann.

Volker Schmidt. Foto: SEB

Steuerberatern, Juristen und ähnlichen Berufen wird oft ihre negative Weltsicht vorgeworfen. Sie gehen immer vom Schlimmsten aus. Doch genau das kann im Ergebnis durchaus positiv sein. Gerade in Krisenzeiten. Volker Schmidt sagt: „Wer sich jetzt den Problemen im Unternehmen stellt, schafft eine bessere Position für den Neustart.“ Das gilt natürlich auch für den Küchen- und Möbelhandel.

Auswirkungen zeitverzögert
Wer ein Szenario vom Ende her denkt, kann Fehler vermeiden. Aktuell haben viele Küchenstudios keine Liquiditätsprobleme. Das Jahr hat gut angefangen. Es konnten vielleicht sogar Rücklagen gebildet werden. Und es fließt sogar noch Geld: Die letzten Montagen laufen und mit ihnen kommen die letzten Teilzahlungen. Viele Küchenhändler vertagen die Sorgen darüber, wie es nach der Krise weitergehen könnte, auf Morgen. Das könnte sich als Fehler erweisen, denn das Tückische an dem Lockdown ist, dass die Auswirkung auf die Liquidität zeitverzögert kommt. Und Liquidität ist das wichtigste Stichwort zurzeit. Schließlich wird es irgendwann wieder aufwärts gehen, die Menschen werden wieder Küchen kaufen. Doch Küchenstudios, die zwischenzeitlich Insolvenz anmelden mussten, werden davon nicht profitieren.
Was kann man also tun? Punkt 1, der nicht oft genug betont werden kann: Die Liquidität im Auge behalten. Aus den Rentabilitätsberechnungen kann ein Küchenhändler ablesen, welche Liquidität er in drei Monaten brauchen wird. Und aus diesen Erkenntnissen kann er Szenarien entwickeln, mit denen er den verzögerten Engpass überstehen kann. Die Devise lautet also: Statt die Augen zuzumachen und zu hoffen, dass es schon irgendwie gut geht, sollten sich Unternehmen auch mal dem Worst Case stellen – eben, damit dieser nicht eintritt.

Soforthilfe der Länder
Im vorherigen Beitrag (www.kuechenplaner-magazin.de/suche/news-detail/news/corona-pandemie-was-kuechenstudios-jetzt-tun-koennen/) wurden bereits einige Instrumente vorgestellt, mit denen Küchenstudios ihre Liquidität verbessern können. In diesem gibt es nun einen Überblick über die verschiedenen staatlichen Hilfen, die eine wichtige Stellschraube für die Liquidität sein können. Das wichtigste Instrument sind die Soforthilfen, die einerseits vom Bund, andererseits von den Ländern geleistet werden. Diese Hilfen werden genau für den hier beschriebenen Zweck gewährt. In Bayern heißt es beispielsweise: „Ein Liquiditätsengpass liegt vor, wenn infolge der Corona-Pandemie die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (...) zu zahlen.“ Ähnlich formulieren es die meisten Bundesländer. Die Soforthilfen werden für kleinere Unternehmen und Solo-Selbständige gewährt – wie dies im Einzelfall definiert ist, wird auf den jeweiligen Websites erläutert. Wichtig hierbei: Private und auch betriebliche liquide Mittel müssen nicht zur Deckung des Liquiditätsengpasses eingesetzt werden. Die Rücklagen bleiben also bei dieser Soforthilfe erhalten.

Soforthilfe des Bundes
Noch bevor die Länder ihre Soforthilfe-Programme gestartet haben, wurde bereits der Bund tätig. Diese finanzielle Unterstützung ist an ähnliche Bedingungen geknüpft wie die Landeshilfen und wird parallel zu dieser im jeweiligen Bundesland beantragt. Das bedeutet, dass mit nur einem Antrag bei nur einer Behörde beide Soforthilfeprogramme angestoßen werden können. Der Landeszuschuss wird dabei nicht auf den Bundeszuschuss angerechnet. Die Soforthilfe des Bundes ist gestaffelt und beträgt für drei Monate bis zu 9000 Euro bei bis zu fünf und 15.000 bei bis zu zehn Beschäftigten. Diese Einmalzahlung muss nicht zurückgezahlt werden – es sei denn der gezahlte Zuschuss lag über den tatsächlichen Kosten.

Kurzarbeit beantragen
Mit den beiden Soforthilfeprogrammen wird der Corona-Engpass schon etwas weniger eng für die Küchenstudios. Doch es gibt noch weitere Maßnahmen, die liquiditätserhaltend sein können. Kurzarbeit ist eines dieser Mittel. Als Instrument zur Arbeitsplatzerhaltung ist es schon lange üblich: Kann ein Unternehmen seine Mitarbeiter aufgrund vorübergehender Arbeitsausfälle nicht bezahlen, übernimmt der Bund einen Teil des Lohns. So werden Kündigungen vermieden. Die Antragsmöglichkeit für Kurzarbeitergeld hat der Gesetzgeber im Zuge der Corona-Krise erweitert. Anspruch besteht nun rückwirkend zum 1. März 2020: „Wenn aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen Aufträge ausbleiben“. Dafür müssen 10% der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein (vorher waren es 30%). Neben einer Reihe anderer Erleichterungen gibt es auch Änderungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen: Diese werden zukünftig in der Kurzarbeit vollständig von der Bundesagentur für Arbeit erstattet: „Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, Zeiten der Kurzarbeit stärker für die Weiterbildung der Beschäftigten zu nutzen.“ Ist der Antrag auf Kurzarbeit bewilligt worden, erstattet die Agentur für Arbeit die monatlichen Entgeltkosten nachträglich bis zu 12 Monate lang – eine enorme finanzielle Entlastung für die Unternehmen. Den Antrag sollten die Küchenstudios jetzt stellen. Ob Kurzarbeitergeld beantragt wird oder nicht, kann später noch entschieden werden.

Versicherungsbeiträge stunden
Wenn keine Kurzarbeit beantragt wurde, kann dennoch an den Personalkosten gespart werden: Die Sozialversicherungsbeiträge können auf Antrag gestundet werden. Gleiches gilt für die Krankenkassenbeiträge zur Freiwilligen Pflichtversicherung. Für beides ist in der Regel ein formloses Schreiben mit kurzer Begründung ausreichend. Stundungszinsen und Sicherheitsleistungen werden keine verlangt, allerdings müssen gegebenenfalls die gewährten staatlichen Zuschüsse für die Zahlung der Beiträge verwendet werden.

Steuerliche Erleichterungen nutzen
Zum Rettungspaket des Staates tragen auch die Finanzämter ihren Teil bei: Steuerschulden im Bereich der Einkommen-, Körperschaft- sowie Umsatzsteuer können gestundet werden. Die Stundung wird zinslos gewährt. Auch die Steuervorauszahlungen bzw. der Steuermessbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen können auf Antrag herabgesetzt werden. Die Anträge sind beim jeweiligen Finanzamt zu stellen, das derzeit auch auf Vollstreckungsmaßnahmen wegen etwaiger Steuerschulden verzichtet.

Beratungsförderung in Anspruch nehmen
Guter Rat ist manchmal teuer. Aber gerade jetzt kann er sogar gratis sein: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat eine Beratungsförderung initiiert: Unternehmen, die sich von einem zugelassenen Berater zum Beispiel hinsichtlich einer Rentabilitätsvorschau oder der Liquiditätsplanung beraten lassen, verursachen damit keine eigenen Kosten. Wenn diese Beratung dem Zweck dient den Unternehmensfortbestand zu sichern oder für einen Kreditantrag bei der Bank benötigt wird, kann der Berater die Kosten direkt dem BAFA in Rechnung stellen.

Arbeitslosengeld für Selbständige
Selbstständige, die in den letzten drei Jahren 12 Monate oder länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, können jetzt auch Arbeitslosengeld beantragen. Das ist zum Beispiel interessant für Küchenstudio-Betreiber, die vor nicht so langer Zeit eröffnet haben und vorher in einem Angestelltenverhältnis gearbeitet haben. Auch hinsichtlich der freiwilligen Arbeitslosenversicherung, in die manche Einzelunternehmer einzahlen, gibt es Lockerungen: Die Beiträge können bis Oktober 2020 gestundet werden, wenn der Selbstständige derzeit nicht zahlen kann. Dafür ist noch nicht einmal eine Kontaktaufnahme notwendig. Und auch bezüglich der bisherigen Ausschlussregeln sind die Bestimmungen gelockert worden: Wer innerhalb der letzten 12 Monate Arbeitslosengeld bezogen und nun erneut Arbeitslosengeld beantragt, kann sich danach erneut freiwillig versichern – das war bisher nicht möglich.

Steuervergünstigung für Arbeitnehmer
Ein weiterer kleiner Baustein in den staatlichen Corona-Hilfen ist die Steuervergünstigung auf Sonderzahlungen des Arbeitgebers. Diese können ihren Mitarbeitern seit dem 1. März aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen gewähren. Diese müssen zusätzlich zum Arbeitslohn geleistet werden. Arbeitgeberseitig geleistete Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld fallen nicht unter diese Regelung.

Alle Antragsdokumente online erhältlich
Diese staatlichen Hilfsmaßnahmen können wichtige Hilfen dabei sein, eventuelle Liquiditätsengpässe zu überwinden. Je nachdem, wie sich die Situation entwickelt, werden sicherlich noch weitere Maßnahmen folgen. Auf der Website der SEB Steuerberatung sind alle Instrumente inklusive der Antragsdokumente bereitgestellt. Die Seite wird laufend aktualisiert, so dass auch neue Entwicklungen dort abgebildet werden.

Zum Autor
Volker Schmidt ist nicht nur Steuerberater und Vereidigter Buchprüfer – er ist ebenfalls Fachberater für Unternehmensnachfolge und für die Umstrukturierung von Unternehmen sowie Datenschutzbeauftragter insbesondere für den Küchenhandel. Die SEB Steuerberatung beschäftigt 50 Mitarbeiter und ist seit 1990 auf den Kücheneinzelhandel spezialisiert. Derzeit betreut die Beratungsgesellschaft rund 80 Kücheneinzelhandelsunternehmen unterschiedlicher Größen mit diversen Verbandszugehörigkeiten. Die persönliche Betreuung hinsichtlich betriebswirtschaftlicher, steuerrechtlicher, buchhalterischer und datenschutzrechtlicher Fragen steht dabei im Vordergrund.

Checkliste zum Download
Den Überblick behalten, so lautet akutell die Devise. Volker Schmidt hat eine Checkliste erstellt – und gibt damit Unternehmen und Gewerbetreibenden ein Hilfsmittel an die Hand, um Punkt für Punkt die verschiedenen Instrumente der Liquiditätssicherung abzuhaken. Das Dokument kann unterhalb dieses Textes als PDF heruntergeladen werden.

www.seb-steuerberatung.de